Kritiken
Aus " Der Schallplattenmann sagt" www.schallplattenmann.de Newsletter #360 vom 29.9.03
Highlight der Woche
Emmylou Harris "Stumble
Into Grace"
(Längst nicht mehr Country -- die Königin ist
wieder da!, Nonesuch)
So: Ich will gar nicht objektiv sein mit dieser Besprechung.
Die CD hab ich jetzt mindestens 93-mal gehört, und bin ihrer
nicht überdrüssig geworden; habe mich von dieser Stimme tragen
lassen, bin ihr blind in dunkle Tiefen gefolgt...
Ihre abrupte Abwendung vom Glitter-Country-Girl mit der epochalen
Platte "Wrecking Ball" (1995 von Daniel Lanois
produziert) hat vielleicht die konservative Fraktion der Stetson-Träger
als Fans verprellt, ihr aber tonnenweise Respekt und künstlerische
Anerkennung aus dem alt.country-Lager eingebracht. Über das
kontrovers von der Kritik aufgenommene "Red Dirt Girl"
mit ausschließlich eigenen Songs ging sie diesen Weg konsequent
weiter: schwebende Sounds im Stile von Lanois, dazwischen
knarzige Gitarreneinsprengsel von Buddy Miller, und Brady Blade
klopft hypnotische Rhythmen dazu. Eingefangen auf dem '98er Live-Album
"Spyboy".
An diesem Muster hat sich auf "Stumble" nicht viel geändert.
Sie schreibt ihre Texte selbst und die Musik dazu. Malcolm Burn
produziert und spielt mit, ähnlich Lanois versteht er sich auf
flirrende Stimmungen. Und da finden sich Musiker auf der
Besetzungsliste, deren Platten zu meinen Favoriten gehören: die
Kanadierin Jane Siberry, die franko-kanadischen Songwriter-Schwestern
Kate und Anna McGarrigle und Gillian Welch singen im Background,
Julie & Buddy Miller, die Gitarristen Kevin Salem und Bernie
Leadon und natürlich auch wieder Daniel Lanois.
Traumhaft schöne Melodien, und Emmylou kann in einem Atemzug
selbstbewusst und zerbrechlich und sinnlich singen. Lieder von
vergeblicher Liebe, von Verlassenheit, Einsamkeit, so schön, daß
es schmerzt... Textzeilen: "I used to wear my trouble like a
crown" ("Can You Hear Me Now"), "But in this
world dreams don't come true" ("I Will Dream"),
"In the land of the proud and free/ You can sell your soul
and your dignity/ For fifteen minutes on TV" ("Time In
Babylon"), "Beauty fades and pleasures cannot/ Take
away the chill/ And the glamour lures you down into a lie"
("Cup Of Kindness"). "Plaisir d'amour", von
den McGarrigles und Emmylou demo-artig mit Akkordeon und Violine
eingespielt, fällt klanglich etwas aus diesem Rahmen.
Egal was andere sagen werden: Meine Platte des Jahres 2003. Da
kann nichts mehr kommen.
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